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12.10.2008

40 Jahre Pfarrgemeinderäte: Diözesantag in Eichstätt - ZdK-Präsident Meyer warnt vor Tendenz zur Kirchturmpolitik - Ein Apfelbaum als Hoffnungszeichen

Eichstätt, 11.10.2008. (pde) - Zeichen der Hoffnung und ein Signal des Aufbruchs setzen: Unter diesen Vorzeichen hat die Diözese Eichstätt das 40-jährige Bestehen der Pfarrgemeinderäte mit einem Diözesantag in Eichstätt gefeiert. Der Rückblick auf 40 Jahre Pfarrgemeinderäte sei ein Anlass zum Dank „für viele Jahre bemerkenswerter Arbeit, für einen großartigen Einsatz an Zeit und Kraft, für das Mittragen von Verantwortung, für das Einbringen von Phantasie, Vorschlägen und Initiativen“, sagte der Eichstätter Generalvikar Dompropst Johann Limbacher beim abschließenden Gottesdienst. Phantasie, Pläne, Programme und Aktivitäten für die Seelsorge und für das Heil der Menschen seien auch in Zukunft von den Laienräten gefordert, stellte Diözesanratsvorsitzender Christian Gärtner fest. Dieser Einsatz für die Zukunft wurde mit einem konkreten Hoffnungszeichen verbunden – einem Apfelbaum für jede Pfarrei des Bistums. Stellvertretend für alle Pfarreien wurde eines der Bäumchen am Ende des Gottesdienstes im Dom dem Pfarrgemeinderatsvorsitzenden der Pfarrei Breitenbrunn und einer Vertreterin des Dekanatsrates Berching übereicht. Die weiteren Bäume werden in der kommenden Woche in die einzelnen Dekanate geliefert und können dort abgeholt werden.

40 Jahre Pfarrgemeinderäte – das heiße 40 Jahre ungezählte Stunden ehrenamtlichen Engagements Tausender Frauen und Männer in der Kirche, sagte Diözesanratsvorsitzender Gärtner zu Beginn des Treffens, zu dem am Samstag etwa 700Frauen und Männer nach Eichstätt gekommen waren. Der Diözesantag sei nicht nur ein Fest des Dankes, sondern solle Zeugnis von der christlichen Hoffnung geben. Die Arbeit der Räte habe sich an den Fragen der Menschen zu orientieren, so Gärtner. Bewusst sei deshalb bei der Programmgestaltung des Diözesantages die gesellschaftspolitische Aufgabe der Räte in den Vordergrund gerückt worden. In neun verschiedenen Foren ging es unter anderem um familienfreundliche Personalpolitik, um die gemeinsame Verantwortung von Schule und Eltern für Bildung und Erziehung sowie um AGRO-Gentechnik. Weitere Themen der Arbeits- und Diskussionsrunden waren Fragen der Unternehmensethik, das Thema „Handelsware Frauen aus Osteuropa“ und ein Gang zu Orten, die daran erinnern, wie „eng unsere Art der Lebensführung Einfluss auf das Leben der Menschen in den Ländern des Südens hat“.

1968 wurden erstmals im Bistum Eichstätt wie im gesamten  Bundesgebiet die Pfarrgemeinderäte gewählt. In der Folge konstituierten sich die Dekanatsräte und der Diözesanrat. Bereits im gleichen Jahr wurde auch eine eigene Geschäftsstelle für den Diözesanrat und die Laienräte in den Dekanaten und Pfarrgemeinden errichtet. Geschäftsführer wurde Toni Hein, der diese Aufgabe bis 2002 wahrnahm. Derzeit arbeiten weit über 3000 Frauen und Männer aktiv in Pfarrgemeinderäten, Dekanatsräten und im Diözesanrat der Katholiken des Bistums Eichstätt mit.

Prof. Meyer: Gemeinden sollen sich öffnen
„Die Pfarrgemeinderäte im Bistum Eichstätt und überall in Deutschland haben die Veränderungen mitgetragen und mitgestaltet, die notwendig wurden, damit die Kirche in unserem Land weiterhin ihren Dienst tun kann“, hob Prof. Dr. Hans Joachim Meyer, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), in seinem Festvortrag hervor. Die Verbindung der katholischen Christen mit ihrer Kirche und ihre Teilnahme am kirchlichen Leben sei zugleich die Quelle für das eigentliche Feld des Laienapostolats, nämlich dem Zeugnis in der Welt. Zugleich warnte Meyer vor einer „Tendenz zur Kirchturmpolitik“. Er beobachte eine „im Andrang der täglichen Arbeit ja auch durchaus nachvollziehbare Neigung, die Kirche einzuteilen in die eigene Gemeinde einerseits und den Rest von Kirche und Welt andererseits“.  Natürlich müsse das Leben in der eigenen Gemeinde der Schwerpunkt der Arbeit sein. Längerfristig könne jedoch keine Gemeinde für sich allein die Frohe Botschaft weiter tragen. „Wir vergeben Chancen und Möglichkeiten, wenn wir meinen, wir können uns auf unsere eigene Gemeinde beschränken und uns dort selbst genug sein“.

Kritik übte der Redner in diesem Zusammenhang an der mangelnden Präsenz des Bistums Eichstätt beim Katholikentag in Osnabrück. Es sei zu fragen, was die Pfarrgemeinderäte des Bistums zum Gelingen des 97. Deutschen Katholikentages beigetragen haben, sagte Meyer und verwies auf die vergleichsweise geringe Teilnehmerzahl aus dem Bistum Eichstätt. Generell sei die Teilnahme der bayerischen Katholiken an Katholikentagen seit vielen Jahrzehnten „notorisch schlecht“. Er hoffe zumindest, dass „unsere evangelischen Geschwister für den Ökumenischen Kirchentag 2010 in München nicht allein die Verantwortung tragen müssen“, fügte der ZdK-Präsident hinzu.

Wer am Wert der kirchlichen Laienräte festhält und sich für deren Arbeit engagiert, lebe gegen den vorherrschenden Zeitgeist, stellte Meyer in seinem Vortrag fest. Die Gesellschaft werde weithin bestimmt vom Geist des Individualismus. Gravierend komme hinzu, dass es auch reichlich viele kirchliche Äußerungen und Handlungen gebe, die von wenig Respekt vor der Arbeit der Räte zeugen. „Solche Erfahrungen demotivieren und desorientieren. Und sie machen es schwer, den Kurs der Mitte zu halten zwischen kritischem Misstrauen gegen das kirchliche Amt und naiv bewundernder Hinnahme von allem und jedem, was da von oben kommt.“ Prof. Meyer sprach sich dafür aus, insbesondere junge Menschen in die Verantwortung der kirchlichen Rätearbeit verstärkt hineinzunehmen. Nicht zuletzt seien die Räte eine besondere  Chance für die Frauen, „ihre Lebensklugheit und ihre Begabungen für das Leben der Kirche fruchtbar zu machen“.

Generalvikar Limbacher: Mehr Unterstützung für ehrenamtliche Arbeit
Die Schulung, Unterstützung und Begleitung ehrenamtlich Engagierter wird ein Schwerpunkt in der Konzeption der Seelsorge für die Zukunft sein. Dies erklärte Generalvikar Dompropst Johann Limbacher zum Abschluss des Diözesantages. Die Planung und Schulung werde schwerpunktmäßig auf Ebene der Seelsorgeeinheiten angesiedelt. In den Pfarreien und den einzelnen Orten werde es dann um die Umsetzung gehen und die Durchführung von Angeboten für möglichst viele Menschen. Der Generalvikar überbrachte auch die Grüße und guten Wünsche von Bischof Gregor Maria Hanke, der als Delegierter der Deutschen Bischofskonferenz an der Weltbischofssynode in Rom teilnimmt.

In seiner Predigt beim abschließenden Gottesdienst verwies Limbacher auf die Sinnkrise und einen zunehmenden Werteverfall in der Gesellschaft. Eine Gleichgültigkeit mache sich breit und eine falsch verstandene Toleranz, „die alles als akzeptabel ansieht“. Immer mehr Menschen verließen den bisherigen Weg eines Lebens in christlicher Tradition. In einer solchen Situation seien die Christen zum Zeugnis für den Glauben herausgefordert. Der Jubiläumstag habe gezeigt, „wie viel an Möglichkeiten, Herausforderungen und Notwendigkeiten vor uns liegt“. Bei allem Auf und Ab des Gelingens und auch des Misslingens könnten die Laienräte mit Zuversicht ihre Arbeit in die Zukunft hinein angehen. Bei allem Planen und Organisieren dürfe man nicht vergessen: „Die Quelle für unseren Dienst ist unser Herr Jesus Christus“.