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16.10.2007

Beibehaltung der derzeitigen Stichtagsregelung für die Einfuhr und Verwendung embryonaler Stammzellen - Diözesanrat schreibt offenen Brief an die Bundestagsabgeordneten im Bistum Eichstätt

Der Diözesanrat Eichstätt hat sich bei seiner Vollversammlung am 28./29.09.07 mit der geltenden Stichtagsregelung auseinander gesetzt. Da es sich um einen schwierigen Sachverhalt von grundsätzlicher Tragweite handelt, möchten wir uns auf diesem Weg an Sie wenden und unsere Position ins Gespräch bringen:

1. Das am 1. Juli 2002 in Kraft getretene Gesetz zur Sicherstellung des Lebensschutzes im Zusammenhang mit Einfuhr und Verwendung embryonaler Stammzellen ist nach einem kontroversen Diskussions- und Beratungsprozess zustande gekommen. In der Diskussion wurde von Wissenschaftlern versichert, dass die zum damaligen Zeitpunkt im Ausland existierenden Stammzelllinien für die erforderliche Grundlagenforschung ausreichten. Heute nun wird diese Aussage, die damals von großer Bedeutung für die Entscheidungsfindung war, von Wissenschaftlern selbst in Zweifel gezogen. Dies stimmt uns sehr nachdenklich.

2. Die gefundene Stichtagsregelung mit dem rückdatierten Stichtag 31.12.2001 hat zumindest verhindert, dass Anreize geschaffen wurden, für Forschungszwecke neue menschliche embryonale Stammzellen herzustellen und dabei die Tötung des Embryos in Kauf zu nehmen. Die Gefahr, dass die Stichtagsregelung bei einer einmaligen Verschiebung zur „Wanderdüne“ wird, ist nicht mehr von der Hand zu weisen. Die Substanz des geltenden Embryonenschutzgesetzes muss jedoch gewahrt werden, da es ausschließt, dass menschliche Embryonen für Forschungszwecke zur Verfügung gestellt werden.

3. Mit Blick auf die vor allem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft vorgetragene Forderung, die Stichtagsregelung zu ändern, ist es unsere Pflicht, durch eine öffentliche Debatte die Tragweite der zu treffenden Entscheidung ins Bewusstsein zu rufen. Denn die Entscheidung, was gemacht werden soll, darf nicht allein der Wissenschaft überlassen werden, sonst würden die Aufgaben von Wissenschaft und Politik in einem demokratischen Rechtsstaat verwechselt.

4. Wer eine Änderung der Stichtagsregelung beabsichtigt, muss dafür überzeugende ethische Argumente vorbringen. Lediglich die Berufung auf Regelungen in anderen Ländern, die Auswirkungen der derzeitigen Regelung auf die Wettbewerbssituation und mögliche Heilungsversprechen (die selbst von namhaften Wissenschaftlern in Zweifel gezogen werden) liefern diese Argumente jedenfalls nicht. Es muss bei der Beachtung des ethischen Grundsatzes bleiben, dass Forschung dort ihre Grenzen findet, wo Menschenwürde und das daraus resultierende grundrechtlich gesicherte Recht auf Leben tangiert sind.

5. Wir begrüßen ausdrücklich die Forschungsförderung sogenannter adulter Stammzellen. Hier ist das Potenzial keineswegs erschöpft. Wegen ihrer ethischen Unbedenklichkeit und den bereits erzielten Erfolgen erscheint uns ein bewusster Ausbau dieser Förderung weiterhin erforderlich.